Der Titel verweist auf eine Reihe und ist vom Verlag gewählt. Bei der Entwicklung und Auswahl der Spiele habe ich mich intensiv mit der Frage auseinandergesetzt, was „Lernspiele“ eigentlich sind. Aus dieser Auseinandersetzung ist unter anderem dieser Beitrag im Blog entstanden.
Zwei der zehn Spiele im Heft sind ursprünglich als „Mainstream“-Spiele entwickelt und intensiv getestet, passen aber auch hervorragend als „Lernspiele“ in den Schulunterricht. Andere Spielideen sind eigens für das Heft entwickelt oder für den Geschichtsunterricht angepasst.
Bei der Auswahl war mir wichtig, dass die Spiele einerseits verschiedene Lernziele und Kompetenzen abdecken und mit eigenen Inhalten für alle Epochen und Themen angepasst und genutzt werden können.
Das Spiel „Canossa“ zum Investiturstreit bildet dabei eine Ausnahme, da Thema und Spielmechaniken hier eng verwoben sind. Das Spiel kann nur aufwendig für anderen Themen adaptiert werden, eignet sicher daher eher der Analyse der Darstellung der Geschichte in diesem Spiel und bietet damit im Heft einen einzigartigen Zugang. Alle anderen Spiele haben ausgearbeitete, fertig einsetzbare Materialien für bestimmte Themen bzw. Epochen als Kopiervorlagen dabei. Nach diesen Vorbildern können Lehrer:innen wie Lernende einfach eigene Materialien zu anderen historischen Themen für die unterschiedlichen Spielideen erstellen.
Andererseits sollten die Spiele auch spielerisch möglichst abwechslungsreich sein, z.B.: mit einem Reaktionsspiel können Fachbegriffe wiederholt und gelernt werden, mit Bildquellen, Modellzeichnungen und Verfassungsschemata können Lernende spielerisch genaue Beschreibungen üben, ein Wortratespiel fördert die Vorentlastung von Texten und konzentriertes Zuhören, ein Quizspiel eine spielerische Wiederholung zentraler Inhalte und den Austausch und die Kommunikation der Lernenden…
Es würde mich freuen, wenn das kleine Heft seinen Weg in den Unterricht vieler Klassen findet. Es lohnt sich sicher in Vertretungsstunden und vor den Ferien, aber ich bin sicher, dass es die Ideen auch einen Platz im regulären Unterricht haben können, um mit mehr Abwechslung und Motivation Geschichte zu lernen!
Wer die letzten 120 Jahre verpasst hat und heute eine Schulklasse in einer weiterführenden Schule besucht, wird sich in den meisten Fällen an die eigene Schulzeit erinnert fühlen und sich sehr gut orientieren können. Das grundlegende Setting ist weitgehend unverändert geblieben.
Es gibt zahlreiche Initiativen für eine neue Lern- und Prüfungskultur – befördert durch die Digitalisierung. In der Breite scheinen sie allerdings immer noch nicht angekommen zu sein.
Aber: In den letzten Jahren hat sich eine bemerkenswerte Veränderung vollzogen, die das Potenzial hat, diese Veränderungen des schulischen Lernens zu unterstützen und voranzutreiben: moderne Lernspiele. Spielen ist eigentlich die natürlichste Art des Lernens, kommt aber in weiterführenden Schulen kaum vor. Kurz könnte man das auf die Formel bringen: je näher dem Abitur, desto weniger Spiel.
Durch eine vermeintlich kleine, aber wesentliche Änderung bricht das moderne Lernspiel mit dem bisher bekannten, traditionellen Modell der Adaptation von einfachen Lauf- und Fragespielen oder Kreuzworträtseln für den Unterricht und bietet eine dynamische Alternative, die einen Wandel zu zeitgemäßen Unterricht unterstützt. Das heißt weg von der starken Buchorientierung und lehrerzentrierten Settings hin zu Herausforderungen, die problemlösenden Denken erfordern und Kompetenzorientierung, Selbsttätigkeit und Aktivierung der Lernenden fördern.
Spielen, Spaß und Lernen Hand in Hand
Traditionelle Lernspiele waren für traditionellen Unterricht konzipiert. Sie haben oft – zu Recht – einen schlechten Ruf, da sie mehr auf die Vermittlung von Inhalten als auf Spielspaß ausgerichtet sind. Moderne Lernspiele setzen genau hier an und drehen das Verhältnis um: Spaß, Offenheit, Interaktivität und eine ansprechende Gestaltung stehen im Vordergrund und fördern nebenbei die anvisierten Kompetenzen und Inhalte.
In einer Diskussion, die auch ich lange geführt habe, ringen Autor:innen wie Verlage um Worte. Sie suchen ein gutes Wording, um möglichst viele anzuprechen und niemanden abzuschrecken. Gute Lernspiele werden dann oft als „didaktische“, “pädagogische“ Spiele, “(spielerische) Methoden” oder so ähnlich betitelt. Im Kern sind das alles „Lern“-„Spiele“, also Spiele, die gezielt dafür entwickelt wurden, um bestimmte Aspekte – seien Kompetenzen und/oder Inhalte – durch das Medium Spiel zu fördern bzw. zu vermitteln.
Ein neuer Ansatz
Was moderne Lernspiele von ihren Vorgängern unterscheidet, ist ihre Herangehensweise bei der Entwicklung. Sie werden von Autorinnen und Autoren entwickelt, die als Spieleautor:innen arbeiten und zugleich im pädagogischen Bereich verwurzelt sind oder durch Kooperationen von Partnern aus beiden Bereichen. Die Spiele werden dann konsequent nicht nur in den eigenen Klassen, von anderen Lehrkräften oder Lernenden, sondern auch von normalen Spielgruppen getestet, um sicherzustellen, dass zunächst und vor allem ein gutes Spiel ist (siehe z.B. „Königreich der Wörter“ auf dem Göttinger Autorentreffen und jetzt hier erschienen) – dass also Spiel und der Spielspaß im Vordergrund stehen. Lerninhalte und Kompetenzen sind zwar der notwendige Ausgangspunkt, aber im Kern der Entwicklung stehen die Mechanismen des Spiels selbst. Durch diesen Ansatz wird das Lernen zu einem natürlichen Bestandteil des Spielens. In gleichem Maß lassen sich auch gute Spiele für das Lernen adaptieren und nutzen.
Ein Paradigmenwechsel
Moderne Lernspiele bieten als Spiele ein zeitgemäßes Lernsetting und tragen somit zur Weiterentwicklung des Unterrichts bei. Durch ihre Merkmale wie u.a. Selbsttätigkeit, kognitive Aktivierung, Spannung durch Wettbewerbs- und Zufallselemente, abwechslungsreiche Wiederholungen und das Angebot eines geschützten, notenfreien Spiel- und Übungsraums unterstützen sie die Lernenden dabei, sich eigenständig, spielerisch und problemorientiert in die gestellten Herausforderungen zu vertiefen. Sie können auch reduzierte interaktive Modelle oder komplexe Simulationen sein, die Erfahrungsräume bieten, in denen unterschiedliche Entwicklungen und gegenseitige Abhängigkeit ausprobiert und beobachtet werden können. Dadurch wird der Unterricht zugleich effektiver und motivierender. Der Einsatz moderner Lernspiele unterstützt den Fokuswechsel im Klassenraum von der Lehrkraft hin zu den Lernenden.
Das heißt nicht, dass auf jedem Spiel – egal, ob analog oder digital – auf dem (modernes) Lernspiel drauf steht, auch ein gutes Spiel ist. Dasselbe gilt z.B. für moderne Varianten digitaler Quizspiele – die auch nur Frontalunterricht in schicker neuer Gewandung bieten. Beispielhaft für viele Angebote sei hier nur Kahoot genannt. Gute Spiele, die Lernprozesse anregen, sind offen im Verlauf und im Ausgang (siehe dazu z.B. dieses Interview mit Stefan Köhler) . Es gilt also: Spielangebote müssen also in jedem Einzelfall geprüft werden. Zentral ist die Frage, ob die Ziele von Spiel und Lernen in Passung sind. Dafür braucht es kompetente Besprechungen und Rezensionen, wie es sie sonst auch von Spielen gibt – nur mit dem zusätzlichen Fokus auch auf das Lernen.
Eine Win-Win-Situation
Der Einsatz von modernen Lernspielen im Unterricht bietet zahlreiche Vorteile für Lehrkräfte wie Lernende. Spielen gestalten Lernprozesse interaktiver und können motivierend wirken. Nebenher werden auch allgemeine kommunikative, soziale und kognitive Fähigkeiten trainiert (siehe z.B. hier zum Thema „Demokratiefähigkeit“). Diese Win-Win-Situation macht moderne Lernspiele zu einem wichtigen Motor für zeitgemäßen Unterricht.
Insgesamt markieren moderne Lernspiele einen Paradigmenwechsel im Klassenzimmer. Sie vereinen Spielspaß und Lernerfolg auf innovative Weise und tragen dazu bei, den Unterricht lebendiger und effektiver zu gestalten. Mit ihrem Fokus auf Interaktivität und Selbsttätigkeit sind sie ein wichtiger Baustein für die Zukunft der Bildung.
Vokabeln zu lernen und das Üben generell gehört für Schüler:innen – wie auch für Lehrer:innen – eher zu den Herausforderungen des schulischen Fremdsprachenunterrichts – gerade, wenn der Wortschatz regelmäßig und nachhaltig erweitert werden soll. Das eigenständige Vokabellernen findet oft außerhalb des Unterrichts statt, führt nicht selten zu Stress in den Familien und verstärkt die Ungleichheit häuslicher Voraussetzungen der Kinder. Es gibt Schulen, die Hausaufgaben abgeschafft haben, womit sich dann allerdings die Frage stellt, wie nun die Vokabeln so gelernt werden können, dass sie dauerhaft im Gedächtnis bleiben.
Dafür eignen sich aus zahlreichen Gründen Spiele sehr gut. Das liegt vor allem daran, dass Spiele Tätigkeiten wie Wiederholen und Memorieren mit Elementen wie Zufall und Glück kombinieren, die in diese sonst recht eintönigen Aktivitäten Abwechslung und Spannung reinbringen können.
Es lohnt sich also, darüber nachzudenken, wie über Spiele im Unterricht Wörter besser und nachhaltiger gelernt werden können – im Idealfall auf eine Weise, dass es Spaß macht und das Vokabellernen zuhause sogar entfallen kann. Dies geht entweder mit der Adaption moderner Spiele für den Unterricht wie z.B. Just One oder Codenames. In der „Spieleschachtel“ unseres Podcasts „Das spielende Klassenzimmer“ haben wir einige Beispiele zusammengestellt. Oder durch das Entwickeln neuer Spiele, die moderne Spielmechanismen in Beziehung zu grundlegenden Lernprozessen setzen.
Ausgehend von meiner eigene Erfahrung als Fremdsprachenlehrer, vielen Fortbildungen, die ich zum Thema angeboten habe, sowie den letzten Jahren als Spieleautor habe ich insgesamt 39 Spiele zum Vokabellernen in einem kleinen Büchlein zusammengetragen. Die Spiele sind gegliedert nach dem jeweiligen Schwerpunkt in einem der vier Kompetenzbereiche: Hören, Lesen, Sprechen, Schreiben. Alle Spiele lassen sich in einer Unterrichtsstunde unterbringen – es gibt sowohl Solo-Spiele zur individuellen Förderung wie auch Spielideen für Großgruppen. Außerdem sind Komplexität und Vorbereitungsaufwand der Spiele ausgewiesen, so auch weniger spielaffine Lehrer:innen eine schnelle Orientierung haben und zunächst die einfacher umzusetzenden Ideen ausprobieren können.
Besonders freut mich, dass mein Spiel „Königreich der Wörter“, das ich bereits 2019 beim Göttinger Spieleautorentreffen vorgestellt hatte, Eingang in das Buch gefunden hat – in einer leicht adaptierten Version für den Unterricht. Alle Spiele wurden intensiv getestet – im Unterricht, bei Fortbildungen und bei Spieletreffen wie z.B. in Nürnberg oder wie zuletzt auf der SPIEL in Essen. Das Buch stellt den Versuch dar, beispielhaft für die Wortschatzarbeit zu zeigen, wie sich Mechanismen moderner Brett- und Kartenspiele sinnvoll und gewinnbringend für das Lernen in der Schule nutzen lassen!
„Hellenion“ ist das bereits vierte Spiel in der Copy&Play-Reihe, das im Raabe-Verlag für den Geschichtsunterricht erscheint.
In „Hellenion“ reisen die Spielenden zu den alten Griechen und leiten miteinander konkurriende Poleis. Sie bauen Schiffe und Tempel, handeln mit den anderen Städten, reisen zum Orakel von Delphi, gründen Kolonien… am Ende gewinnt die Polis mit dem größten Wohlstand.
Aus der Reihe ist „Hellenion“ vermutlich das komplexeste Spiel, was das Classroom Management angeht. Die Lehrkraft nimmt die Rolle einer Spielleitung ein und führt durch die Runden, in denen nach und nach mehr Spielmöglichkeiten erschlossen wird. In der Umsetzung ist dies sehr einfach durch eine ergänzende PowerPoint-Präsentation, die für Spielleitung und Spielende die jeweils relevanten Informationen darstellt.
Eine Besonderheit an „Hellenion“ ist, dass das Klassenzimmer als Spielraum miteinbezogen. Dabei stellen die Tische der Schüler:innen Inseln dar, zwischen denen mit Schiffen gereist und gehandelt werden kann. Kommunzieren können die Spielenden miteinander nur, wenn sie in derselben Polis, also am selben Tisch sind.
Die Symbole sind genauso gewählt wie in den vorangehenden Spielen zum Leben in der Steinzeit und zum römischen Limes. Was Lehrer:innen wie Schüler:innen, die diese bereits kennen, eine leichte Orientierung ermöglicht.
Das Spiel gibt es ab Montag, 25.03.2024, online beim Raabe-Verlag zum Download. In einer Voranschau lässt sich schon das Spielmaterial und die Anleitung in Teilen schon lesen.
Um als Lehrerin oder Lehrer Spiele im Unterricht zu nutzen, muss ich dafür auch selbst spielen?
Das dachte ich bislang, sehr lang. Ich glaube aber, dem ist gar nicht so, und ich möchte kurz erklären, warum.
Natürlich – das vorne weg gesagt – ist es einfacher, wenn man selbst gerne spielt, um dann analoge und/oder digitale Spiele mit in den Unterricht zu nehmen. Aber, und das ist das Entscheidende, es ist kein Muss.
Spiele sind Medien – genauso wie Bücher, Comics oder Filme. Kein/e Lehrer/in muss Regisseur/in oder begeisterte/r Kinogänger/in sein, um Spiel- oder Dokumentarfilme für das Lernen im eigenen Fach zu nutzen. Nerd sein ist keine Voraussetzung. Begeisterung ist super, aber keine notwendige Bedingung.
Notwendig ist, eine professionelle, hier im Sinne einer medien- und fachdidaktischen Auseinandersetzung mit Filmen als Medien. Alle Medien haben spezifische Eigenschaften, was u.a. ihre Funktionen und ihre Wirkung angeht – und zwar sowohl allgemein, wie auch was das jeweilige Fach betrifft. Die muss ich kennen, um sie sinnvoll als „Lern“-Medium nutzen zu können.
Das gilt genauso für Spiele. Dafür kommt nicht drum rum um das Spielen von Spielen: genauso wie ein/e Lehrer/in vor der Auseinandersetzung damit im Unterricht das Buch liest oder den Film schaut. Zentral scheint mir dabei der Perspektivwechsel von der Aktivität „spielen“ als Methode hin zum Verständnis von „Spielen“ – analog wie digital -, denen man sich mit unterschiedlichen Methoden des Game-Based Learning nähern kann. Was entsprechend noch weitgehend fehlt, sind neben einer grundlegenden Strukturierung auch Einführungen und Hilfestellungen, die Spiele in diesem Sinn als Medien für das schulische Lernen zugänglich machen: Was sind die besonderen Eigenschaften von Spielen? Wann und wofür ist ein Spiel ein Medium, das besser geeignet ist als z.B. ein Buch oder ein Film? Was gilt es zu beachten, wenn ich ein Spiel im Unterricht einsetzen möchte? Was sind notwendige Voraussetzungen? Wie ist das Classroom Management zu gestalten? usw.
Heute kaum noch vorstellbar, bis in die 1980er Jahre machten Lehrer/innen noch Filmvorführscheine, um die 16mm-Filmprojektoren bedienen zu können – diese wurden dann erst nach und nach durch Videorekorder abgelöst, die viele Schülerinnen und Schüler damals besser bedienen konnten als ihre Lehrer/innen – der eine oder die andere wird sich erinnern. Auch bei Filmen war der Unterrichtseinsatz also kein „Selbstläufer“, sondern musste didaktisch wie organisatorisch erlernt und durchdacht werden, bevor er irgendwann aus dem schulischen Unterricht nicht mehr wegzudenken war. Wesentlich dazu beitragen haben zahlreiche Bücher, Materialhefte, Initiativen, Lobbyarbeit und Handreichungen – und nicht zuletzt die Integration von Filmen in die Lehrpläne und Schulbücher mehrerer Fächer wie u.a. Deutsch und Geschichte.
Auch für Comics wurde lange um die Anerkennung und Aufnahme die Schule gerungen. Heute sind sie selbstverständlich in zahlreiche Fächer integriert – Auszüge aus Comics finden sich mittlerweile wie selbstverständlich in den Schulbücher der Mittelstufe in den sprachlichen Fächern, in Geschichte oder Politik. Dabei sind noch lange nicht alle Lehrer/innen Comic-Fans geworden – und das müssen sie auch nicht.
Wenn ich selbst gerne lese, Filme schaue, Spiele spiele, fällt es mir natürlich leichter, relevante, interessante und neue Medien für meinen Unterricht zu finden und auszuwählen. Das eigene Hobby, die persönliche Leidenschaft in die Schule einbringen zu können ist ein Glücksfall, aber im Sinne eines professionellen Lehrerhandelns kann und darf ich mich nicht darauf beschränken. Gerade methodische und mediale Vielfalt macht Lernen in der Schule interessant. Dafür braucht es eine gute Kenntnis der jeweiligen medialen Eigenheiten und der Vorteile jedes Mediums für unterschiedliche Lernsituationen und Ziele.
Außerdem: In der Regel wird für den Unterricht eine Aus- oder Vorauswahl von Medien getroffen, die andere für geeignet halten oder als verpflichtend setzen – z.B. durch die Lehrpläne oder als Vereinbarungen in den schulischen Fachschaften. Der Normalfall ist also, dass ich als Lehrer/in in der Lage sein muss, relevante Medien in der Schule professionell für das Lernen nutzen oder ihre Nutzung durch die Lernenden begleiten zu können.
Bücher, Filme, Comics sind selbstverständliche Teile der Lehrer/innen-Ausbildung und der Fachdidaktischen – für analoge und digitale Spiele gibt es erste Ansätze, aber bis zur gleichberechtigten Anerkennung scheint es noch ein langer Weg…
Mal ganz grundlegend: Beautiful.ai erstellt automatisch Präsentationen. Ich habe die KI gebeten, Folien zum Thema „Brettspiele im Unterricht“ zu erstellen. Das war der ganze Prompt und es hat weniger als 2 Minuten gedauert, die unten stehende Präsentation zu erhalten. Das Ergebnis ist – sagen wir mal – gemischt, vor allem die Bilder sind suboptimal gewählt und auch die Inhalte sind nicht durchgängig sinnvoll.
Zur Bebilderung von „Brettspiel“ werden 1x Schach und 2x Monopoly gewählt. Wirklich kurios sind allerdings die Bilder zu den Personen, speziell zu „Lehrer“ und „Pädagogin“. „Jürgen Schulze“ ist kein mir bekannter Spieleautor – und auch die Suche in Boardgamegeek liefert keine Treffer zu dieser (fiktiven?) Person. Die Bilderrückwärtssuche zeigt, Jürgen Schulze gibt es (vermutlich) wirklich. Das Bild ist von Xing übernommen. Auch die Schüler*innen der 5. Klasse wirken für mein Empfinden etwas zu alt für die angegebene Klassenstufe. Aber wer weiß: vielleicht haben sie ein paar Mal die Klasse wiederholt?
Einige Überschriften ergeben wenig Sinn und Zusammenhang mit den Inhalten der Folien. Bei der Suche nach den „Lieblingsspielen“ wird eine Wortwolke gezeigt, in der das Wort Spiel in unzählen Kombinationen aufgezeigt wird. Sinnvoll ist das nicht. Wenn ihr mal reinschauen wollt, hier findet ihr alle Folien der automatisch generierten Präsentation als PDF:
Einfach mal machen, dachte er. Packte eine Kiste mit tollen Spielen und beglückte seine Klasse damit… die folgenden 45 Minuten wurden die längsten seines Lebens.
Oft gehen spielebegeisterte Lehrerinen und Lehrer mit viel Freude daran, ihr Hobby in die Schule zu tragen. Oft aber ist es dann gar kein so gutes Erlebnis, was daraus resultiert. Im schlimmsten Fall endet das so schön Gedachte im Chaos und wird abgebrochen. Schwierig wird es auch oft, wenn Kolleginnen und Kollegen das gar nicht aus Begeisterung machen, sondern weil sie gehört haben, das soll so gut funktionieren und das tut es dann gar nicht.
Es ist ein fundamentaler Unterschied, ob ich mit Freunden oder der Familie am Tisch sitze oder versuche eine ganze Klasse zum Spielen zu bringen. Dafür gibt es ein paar Tipps & Tricks, die, wenn man sie beachtet, dazu führen, dass das Spielen in der Schule – egal, ob nun in einer AG oder im Unterricht – für alle zu einer guten, bereichernden Erfahrung werden kann.
Die folgende Liste ist nicht abschließend, sondern nurmehr eine erste Ideensammlung, die gerne in den Kommentaren ergänzt und erweitert werden darf.
„Nenn es nicht „Spiel“! Ok, der erste Tipp bezieht sich nur auf den Unterricht und den Einsatz von Spielen zum Lernen. Viele Schülerinnen und Schüler kennen Spiele in der Schule maximal aus den letzten Stunden vor den Ferien – wo gespielt wird „statt zu lernen“ (was für ein Quatsch! – als ob das ein Gegensatz wäre und sich ausschließen würde, aber ist leider so in der Wahrnehmung und Kommunikation in vielen weiterführenden Schulen). Wer Brett- und Kartenspiele gezielt zum Lernen nutzen möchte, weckt daher mit der Ankündigung, ein Spiel mitgebracht zu haben, vermutlich falsche Erwartungen. Außerdem: Niemand (ich hoffe, niemand) würde sagen „Ich hab euch mal eine spannende Kopie mitgebracht!“. Gleiches gilt übrigens auch für das Gespräch mit den Kolleg:innen. Besser: Ich hab da was Tolles zum Thema XY, als ich hab da ein schönes Arbeitsblatt oder gar ich hab da ein „Spiel“ 😉
Eine Herausforderung analoger Spiele sind die Regeln. Wer wenig spielt, wird auch bei relativ einfachen Spielen Probleme haben, die Regeln richtig zu erfassen und umzusetzen. Es ist also eine eher schlechte Idee, Brett- und Kartenspiele in die Schule mitzubringen und die Kinder und Jugendlichen mit den Spielen allein zu lassen. Das dürfte in den meisten Fällen eine frustrierende Überforderung darstellen, die in entsprechende Unruhe, Ablehnung und Protestverhalten umschlagen kann. Was sind die Alternativen?
Auf jeden Fall Spiele auswählen, die zum Alter der Schüler:innen, ihren Spielerfahrungen und zum zeitlichen Rahmen passen und dann…
Ein Spiel im Klassensatz mitbringen, also in der Regel bei Spielen für 4-5 Personen sind das 6-8 Exemplare. Als Lehrer:in sollte ich das Spiel kennen und erklären können. Das kann ich vorab im Plenum machen, ggf. unterstützt durch eine PowerPoint mit Abbildungen und den wichtigsten Regeln oder einer Dokumentenkamera, um Ausschnitte der Anleitung oder das Spielmaterial zu zeigen. Die Anleitungen dienen dann an den Tischen zum Nachschlagen bei Fragen oder Regelunsicherheiten. Reicht das nicht, helfe ich als Lehrer:in der Gruppe.
Spiele, die mit der gesamten Gruppe gespielt werden können, für die also auch die Regeln gemeinsam erklärt und die gemeinsam ausprobiert werden können. Beispiele für moderne und aktuelle Spiele, die gut mit der gesamten Klasse gemeinsam gespielt werden können sind z.B. Just One, das Kneipenquizoder irgendein Roll/Flip&Write-Spiele mit Hilfe einer Dokumentenkamera wie z.B. Second Chance (vielen Dank für den Tipp an Martina Fuchs!)
Mittel- oder langfristig ist die Unterstützung von spieleerfahrenen Schülerinnen und Schülern auch eine tolle Möglichkeit, dass diese für ihre Mitschüler:innen Spiele erklären, sei es weil sie diese aus der schulischen Brettspiel-AG, von Zuhause kennen oder sich aufgrund ihrer größeren Spielerfahrungen Regeln besser erarbeiten und diese anderen gut erklären können.
Wichtig sind auch gute Planung und Zeitmanagement: Die Spieldauer variiert von Spiel zu Spiel und von Gruppe zu Gruppe. Beim Spielen mit der gesamten Klasse tritt das Problem nicht auf. Bei unterschiedlichen Spielen oder demselben Spiel in unterschiedlichen Gruppen kann es zu großen Unterschieden kommen. Hier ist vorne weg zu überlegen, wie sich damit umgehen lässt. In jedem Fall ist ausreichend Zeit einzuplanen. Je nach Spiel, lässt sich für alle Gruppen ein gemeinsamer Zeitrahmen finden, ggf. auch als ergänzende „Hausregel“. Einige Spiele, wie z.B. Just One, lassen sich flexibel rhythmisieren. Je nach zur Verfügung stehender Zeit kann die Anzahl der zu erratenden Begriffe einfach angepasst werden. Außerdem ist die zur Verfügung stehenden Zeit (1 oder 2 Unterrichtsstunden oder mehr?) mit der Zeit für Regelerklärung und eine (meist etwas länger als auf der Schachtel angegeben dauernde Erst-) Partie bei der Auswahl der Spiele zu berücksichtigen.
Sinnvoll ist es, Regeln und Verantwortlichkeiten der Schüler/innen explizit zu vereinbaren: Das betrifft das Ausleihen sowie den sorgfältigen Umgang, das Ein-/Auspacken der Spielmaterialien. Z.B. sollte ein Spiel immer erst ordentlich wieder verpackt werden, bevor ein neues zum Spielen ausgeliehen wird. Da es bei Spielen auch relativ laut werden kann und die Schüler:innen im besten Fall ganz in das Spielerlebnis eintauchen, ist es zudem ratsam, z.B. ein akustisches Signal vorzubereiten, eventuell auch einen Timer über einen Projektor oder eine interaktive Tafel mitlaufen zu lassen, um das Ende einer Spielphase oder der Spielzeit für alle Gruppen eindeutig zu markieren, wenn dies nicht mit dem Ende der Unterrichtsstunde zusammenfällt.
Ingesamt bieten Spiele die Chance eine hohe Aktivierung und Selbstständigkeit der Schüler:innen zu ermöglichen. Diese Chance sollte genutzt werden, um den Schüler:innen so viel Autonomie und selbst organisierten Raum zu bieten wie möglich. Wie viel Freiraum gewährt werden kann, hängt an den oben genannten Punkten – dem Alter, der Erfahrung mit Spielen, dem Einhalten der Regeln usw. Ein wichtiger Punkt dabei ist – wie im sonstigen Unterricht – auch auf eine geeignete Zusammensetzung der Gruppen an den Spieletischen zu achten.
Wie aus den vorangehenden Punkte deutlich wird, sind Spiele in der Schule kein „Selbstläufer“. Daher ist es hilfreich, im Sinne eines guten Classroom Managements passend für die jeweilige Gruppe vorab sowohl Strategien zur positiven Unterstützung wie auch für potentielle Probleme (z.B. zu große Unruhe, Weigerung mitzuspielen, emotionale „Ausraster“ am Spieletisch) zu überlegen.
Abschließend: Werden Spiele gezielt als Medien für Lernprozessen eingesetzt, benötigt es immer eine Reflexionsphase oder Nachbesprechung nach dem Spiel (siehe auch oben der Hinweis zur akustischen Markierung von Phasen). Dieses Gespräch sollte eine sinnvolle Einordnung des Spielerlebnisses im Hinblick auf den Lerngegenstand ermöglichen, wie z.B. unterschiedliche Spielverläufe, Handlungsmotivation oder -spielräume, und muss in der Zeitplanung vorab Berücksichtigung finden.
…?
Gibt es weitere Punkte, Regeln oder Ideen, die ihr aus eurer Erfahrungen mit Spielen im Unterricht ergänzen möchtet?