Mexiko in Spielen – Teil 5: Pátzcuaro

Die Stadt Pátzcuaro liegt am gleichnamigen See und ist in ganz Mexiko für ihre Feiern zum Día de Muertos bekannt.

Die Nacht der Toten wird nicht nur auf den Friedhöfen der umliegenden Dörfer gefeiert, sondern auch auf der zentralen Plaza mit einer grossen Kunsthandwerk-Ausstellung. Zu sehen sind Töpfer- und Keramikarbeiten, Schmuck, Textilien, Lautenbau, Tischlerarbeiten und andere Arten der Volkskunst aus dem ganzen Bundesstaat Michoacán, in dem die Stadt liegt.

Die Indigenen sehen Patzcuarhu – in der Sprache der Purépecha – als einen Ort, an dem sich der See, die Berge und der Himmel durch ein „Himmelstor“ vereinen. Auf der am dichtesten besiedelten Insel des Pátzcuaro-Sees versammeln sich während der Totengedenkfeiern Tausende von Besuchern auf dem Friedhof, der sich wie eine Terrasse zum See hin öffnet.

Am 2. November findet in Santa Fe de la Laguna gehen die Bewohner zum Friedhof, reinigen ihn gemeinsam und bereiten die Opfergaben vor. Die Insel ist nur mit Booten zu erreichen, die an diesem Tag rund um die Uhr fahren.

In Pátzcuaro ist das gleichnamige Spiel angesiedelt – eins der wenigen mexikanischen Brettspiele, die den Día de Muertos thematisieren. Entwickelt wurde das Spiel von Rubén Hernández Santillán veröffentlicht 2022 von Detestable Games und Draco Studios. Das Spiel fällt direkt durch die fröhlich mit warmen Farben gestaltete bunte Schachtel auf. Die übrigen Materialien sind ebenso liebevoll und detailreich gezeichnet. Illustratiert hat das Spiel Gaby Zermeño.

Anders als bei den bisher vorgestellten Spielen nutzt Pátzcuaro den Tag der Toten nicht nur als Kulisse, sondern integriert Elemente des Fests auch in die Spielmechanismen. Im Kern geht es darum Karten in einer eigenen Auslage und damit Punkte zu sammeln. Wer am Ende die meisten Punkte hat, gewinnt das Spiel. Mit der eigenen Spielfigur läuft man um kleine Spielbretter mit tiendas (Läden), in denen man verschiedene typische Gegenstände auf Karten für den eigenen Totenaltar eintauschen kann.

Darauf abgebildet sind all die Dinge, die die Verstorbenen gerne mochten: Tequila, Lollis, Pan de muertos sowie Bilder der Verstorbenen, Cempasúchil-Blumen, Kerzen und kleine calaveras (Totenköpfe). Die Bilder der Verstorbenen zeigen unterschiedliche Menschen und auch Hunde und haben auch einen Namen. Jede Karte zeigt ein einzigartiges Bild.

Mit diesen Karten bauen die Spielenden vor sich einen kleinen Altar in Form einer Pyramide auf. Am Ende zählt pro Reihe der häufigste Gegenstand pro Stufe. Ausserdem gibt es noch zusätzliche Wertungen, die in jedem Spiel anders sind und die man zugleich im Blick haben muss, für bestimmte Kombinationen oder das Vermeiden einer Farbe.

Das Spiel ist schnell erklärt und in gut 20 Minuten gespielt. Es bietet durch die verschiedenen Wertungsvorgaben und die variablen kleinen Spielfelder mit den tiendas viel Varianz und Wiederspieltreiz. Das ist für die Schule bekanntlich weniger relevant, aber aufgrund der kleinen Packung, der übersichtlichen Spieldauer und vor allem der thematischen Dichte in den Illustrationen passt das Spiel prima in den Spanischunterricht, um etwas über den Día de los Muertos in Mexiko zu lernen.

Warum ChatGPT beim Lernen mit Spielen keine Hilfe ist… und warum sich auch gerade deshalb Spiele für das Lernen in der Schule eignen.

Kurz nach dem ChatGPT freigegeben wurde, habe ich mich gefragt, wie dieser wohl mit Elementen aus dem Spiel Textura umgehen würde. „Textura“ besteht aus sehr reduziertem Spielmaterial: Inhalts- und Verknüpfungskarten, mit denen die Spielenden Geschichtsnarrative erstellen können. Zentral dabei ist das sinnvolle Verknüpfen der Inhalte. Dies kann und sollte auf vielfältige durch konsekutive, kausale, finale, temporale usw. Verbindungen erfolgen, um die Zusammenhänge von Ereignissen, Personen und Strukturen darzustellen. Die Verknüpfungskarten dienen den Lernenden als Anregung und Hilfe. Mit den abgelegten Karten bietet Textura dann eine Visualisierung der Erzählstruktur.

Aus einem der Sets habe ich sechs Kartentitel ausgewählt und in ChatGPT eingegeben. Darunter die obigen drei. Der genaue Prompt ist unten im Bild zu sehen. Heraus kam ein relativ langer Text.

Interessant fand ich, und damit hatte ich nicht gerechnet, dass die Ereignisse nur in chronologischer Reihenfolge aufgelistet („Ein wichtiger Wendepunkt“, „Ein weiteres wichtiges Konzept“, „ein weiteres wichtiges Ereignis“ usw.) und kurz erklärt werden. Eine wie auch immer geartete Verknüpfung erfolgt nicht. Auch durch weitere, ergänzende Prompts konnte ich keine wesentliche Verbesserung des Texts erreichen.

Das ließ mich darüber nachdenken, ob das Lernen mit Spielen generell nicht eine gute Möglichkeit wäre, das eigene Denken der Lernenden anzuregen und Lerngelegenheiten zu schaffen, in denen der ChatGPT keine Hilfe ist. Eine Herausforderung für Schule stellen aktuell u.a. die bisherigen Aufgabenstellungen mit ihren oft festen, im Vorhinein feststehenden Lösungen dar, die in der Digitalität obsolet geworden sind. Das ist schon länger so, ChatGPT führt es nur erneut besonders eindrucksvoll vor Augen.

Für spielebasiertes Lernen, game-based learning, also das Lernen an/ mit / über / in anlogen und digitalen Spielen gibt es ganz unterschiedliche Ansätze, Methoden und Möglichkeiten. Für den Geschichtsunterricht haben Daniel Behnke und ich versucht, das mal zugleich praxisnah und systematisch zu fassen in einem kleinen Heft.

Was macht nun das spielende Lernen aus im Gegensatz zu sonst üblichen Aufgaben im Unterricht, die vom ChatGPT im Handumdrehen erledigt werden können?

Hier eine erste Sammlung von 5 Punkten zur Diskussion und Ergänzung:

  1. Spiele ermöglichen das aktive Anwenden des Gelernten. Damit wird das Verständnis eines Gegenstands und von Zusammenhängen zugleich vertieft und verbessert (siehe für Lernen von Geschichte z.B. analoge Spiele wie Codenames, Just One oder digitale Spiele wie Through the darkest of times, sowie in geringerem Maße auch spielerische Lernangebote wie Mission1929 oder der interaktive Graphic Novel Herbst89. Auf den Straßen von Leipzig).
  2. Die Anwendung erfolgt in unterschiedlichen Kontexten und erhöht damit die Chance zum Transfer des Gelernten gegenüber einfachen Abfragen, Zusammenfassungen oder Definitionen. Ergänzt durch Zufallselemente generieren Spiele Abwechslung und Varianz. Übungs- und Wiederholungsphasen werden so interessanter.
  3. Abgesehen von Quiz-Spielen stehen die Lösungen meist nicht von Vornherein fest und sind nicht vorhersehbar, sondern werden in der Spielsituation generiert bzw. durch die Spielenden gefunden. Auf diese Weise erfordern und fördern Spiele kreatives und/oder problemlösendes Denken und damit die Entwicklung kognitiver Fähigkeiten.
  4. Der Rahmen des Spiels und seiner Regeln verhindert das Hinzunehmen von Hilfsmitteln, was im Spiel eben just die reizvolle Herausforderung darstellt, im vorgegebenen Rahmen spezifische und funktionierende, im Sinne von im Spiel zu Erfolg führenden, Antworten oder Lösungen zu finden.
  5. In der Regel gibt es in Spielen mehr als eine richtige Entscheidung oder Lösung. Spiele bieten Räume für (sanktionsfreies) Ausprobieren von Handlungen und Lösungsideen. Ist der gewählte Ansatz nicht erfolgreich, erhalten die Spielenden direktes Feedback, können dieses eine Element oder das ganze Spiel erneut spielen und so ihre Fähigkeiten und/oder ihr Wissen in der Wiederholung trainieren.